Kunst – Stadt – Normalität, No 4

Kunst und Normalität scheinen sich auf den ersten Blick schlecht zu vertragen. Wo Kunst ist, soll alltägliche Routine aussetzen; ist sie gelungen, unterbricht sie die Gleichförmigkeit gewöhnlichen Erlebens durch gesteigerte Intensität. Wird das Gewöhnliche ihr Thema, dann so, dass es als Reiz und Sensation erfahren wird. Stadt und Normalität gehen da einträchtiger zusammen: Was das Wesen einer Stadt ausmacht, ist ihr alltäglicher Rhythmus und ihr normaler Gang, aber auch jene Vorrichtungen und Massnahmen, die ihre Normalität stabilisieren und denormalisierende Ereignisse verhindern sollen. Kunst, Stadt und Normalität stehen nicht nur dort in wechselseitiger Beziehung, wo erstere dem Gewöhnlichen das Aussergewöhnliche entgegenhält, sondern auch dort, wo Kunst solch normalisierende Funktionen übernimmt. In Verhandlung steht dabei, was unter »Normalität« verstanden wird und welche spezifischen Merkmale den Diskurs um das Normale ausbilden.
Die Trias »Kunst Stadt Normalität« führt drei thematische Brennpunkte zusammen, die auf unterschiedliche Weise miteinander verwoben sind. Die vierte Ausgabe von »Common« nimmt einige ihrer vielfältigen Bezüge in den Blick und fragt nach der Rolle der Künste in Prozessen der Normalisierung städtischen Lebens ebenso wie nach dem Potenzial ästhetischer und künstlerischer Verfahren, das Normale und seine Bedrohungen zu diagnostizieren, sie zu erfassen, darzustellen und damit verhandel- und bearbeitbar zu machen.

Welche Aufgabe kommt der Kunst zu, wenn in den sogenannten Creative Cities tagtäglich Sensationen des Gewöhnlichen erwartet werden und das ästhetisch Reizvolle und Neue gleichsam zum Massstab für deren Normalität geworden ist? Irene Vögeli hat Textauszüge aus dem vielbeachteten Text »Die Erfindung der Kreativität« von Andreas Reckwitz zusammengestellt, die um die ästhetische Normalisierung von Städten kreisen.
Künstlerische Strategien können Normalität sichtbar machen, übernehmen aber auch immer wieder – manchmal ungewollt – normalisierende Funktionen in der Stadtentwicklung. Elke Krasny diskutiert diese beiden Pole anhand konkreter künstlerischer Projekte.
Irene Vögelis Videoarbeit befragt den Wandel des Escher Wyss Quartieres in Zürich. Die radikale Kombination einer Kamerafahrt mit statistischen Daten als Tonspur eröffnet dem Betrachter unerwartete und aufschlussreiche Zusammenhänge.
Der Beitrag von Manfred Gerig wiederum adressiert sich direkt an uns Leserinnen und Leser und fordert unsere Positionierung. Er eröffnet uns jeweils drei Perspektiven auf ein- und dasselbe Quartier. In deren Differenz zeigen sich die Dimensionen der jeweiligen Zugriffe und brisante Fragen zu Kunst, Stadt und Normalität.

Längst kommen im heterogenen, kaum einer einzelnen Disziplin zuzuordnenden Feld der Stadtforschung künstlerische und ästhetische Vorgehensweisen zum Einsatz, welche disziplinär enggeführte Methodologien herausfordern und die vorwiegend textbasierten Sozial- und Kulturwissenschaften um andere mediale Zugänge erweitern. Umstritten ist indes, was künstlerische Verfahren über vermittelnde Aufgaben hinaus zu leisten vermögen und in welchen transdisziplinären Konstellationen ihnen ein epistemologischer Eigenwert zukommt.
Monika Streule beleuchtet in ihrem Beitrag den Trend zur Transdisziplinarität in der Stadtforschung kritisch und verfolgt die Spuren der transdisziplinären Zugänge in der Methodengeschichte der Stadtforschung.
In überraschender Weise werden im Beitrag »Fredericks ›unnormale‹ Notvorräte«, sozialwissenschaftliche Methoden und künstlerische Verfahren zusammengeführt. Michael Guggenheim und Shared Inc. (Research Center for Shared Incompetence) berichten über ein Laborexperiment, in welchem gängige Vorstellungen eines Normalzustands und entsprechender Katastrophenvorsorge zur Disposition gestellt wurden. Der Beitrag gewährt Einblick in Gegenstand, Verfahren, Resultate und Darstellungsformate eines Projekts, das manche Selbstverständlichkeiten sowohl auf inhaltlicher als auch methodischer Ebene ins Wanken bringt.

Wie klingt Stadt und wie wird sie wahrgenommen? Wann klingt sie normal? Was und wann ist Lärm? Im Beitrag »Stadt – Klang – Normalität. Auseinandersetzung mit Klangräumen des Urbanen« beschäftigt sich Patrick Müller mit der Wahrnehmung von Geräuschkulissen der Stadt. Er zeichnet die historischen Stränge ihrer Einschätzung und Lesart nach und stellt unterschiedliche Positionen der musikalischen Auseinandersetzung mit Stadtgeräuschen vor.
Das Konzept der »Ville contemporaine« von Le Corbusier wird im Beitrag von Claudio Altenhain nicht nur als Entwurf einer Idealstadt, sondern auch als Gesellschaftsentwurf verstanden. In seinem Beitrag analysiert Altenhain die »ville contemporaine« auf Machtstrukturen und normalisierende Kräfte hin und fragt nach vergleichbaren Mechanismen in aktuellen Urbanitätsdiskursen.
Der Beitrag «Ästhetische Annäherungen an das Escher Wyss-Quartier – Skizzen aus dem Master Transdisziplinarität der ZHdK» schliesslich zeigt die Resultate einer zehnköpfigen Gruppe der Zürcher Hochschule der Künste, die dem ›Normalen‹ im Zürcher Escher Wyss-Quartier auf die Spur kommen wollte. Die Skizzen bilden einen Fundus an ästhetischen Herangehensweisen in verschiedenen Medien und Formaten, die das Gewöhnliche und Alltägliche des Quartiers zu erfassen versuchen.

Eines wird in der Gesamtschau der Beiträge deutlich: Das Normale ist nicht langweilig.

Patrick Müller, Michèle Novak, Irene Vögeli

Under Construction: Normalization takes Command

Vienna’s Karlsplatz has been under construction for decades and it remains to be seen if it will ever be finished. The most important aspect of this continuous making and remaking of the large and centrally located square is that it … Beitrag ansehen

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Aus aktuellem Anlass: Krieg mit anderen Augen sehen. Sasha Kurmaz‘ Fotografien aus Kiew

Die mediale Berichtserstattung über die dramatischen Ereignisse unserer Zeit wie die Taifun-Katastrophe auf den Philippinen, die Terroranschläge in Afghanistan, die Toten des arabischen Frühlings und diesen Winter die Maidan-Aufstände in der Ukraine ist allumfassend und allgegenwärtig.

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Le Corbusier revisited: Die »ville contemporaine« und ihr möglicher Beitrag zu einer »Geschichte der Gegenwart«

1924 veröffentlicht Le Corbusier das Buch »Urbanisme«, in dem der Architekt seine Vorstellungen einer zeitgemäßen Stadt zusammenfasst. In der Tat handelt es sich um ein faszinierendes Dokument – und zwar nicht nur als corpus delicti hochmodernen Größenwahns, sondern auch und … Beitrag ansehen

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Trend zur Transdisziplinarität – Kritische Einordnung einer ambivalenten Praxis qualitativer Stadtforschung*

Zauberformel Transdisziplinarität Schrumpfende, endlose, driftende, postapokalyptische Städte: An extremen Zuschreibungen herrscht in der Flut der Stadtforschungspublikationen der letzten zehn Jahre kein Mangel. Bei all diesen flimmernden neuen Namensschöpfungen und halsbrecherischen Konzeptionen ist eines klar: Die Stadt des 21. Jahrhunderts existiert … Beitrag ansehen

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Normalität und kreative Stadt

Auszüge aus »Die Erfindung der Kreativität« Zusammenstellung und editorische Bearbeitung: Irene Vögeli und Patrick Müller Wenn es einen Wunsch gibt, der innerhalb der Gegenwartskultur die Grenzen des Verstehbaren sprengt, dann wäre es der, nicht kreativ sein zu wollen. Nicht kreativ … Beitrag ansehen

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Fredericks »unnormale« Notvorräte

Eine Fabelwerkstatt für zukünftige Katastrophen Welche Katastrophen kommen auf uns zu? Auf welche Katastrophen sollen wir uns vorbereiten? Haben wir unterschiedliche Vorstellungen darüber, ob und wie wir uns vorbereiten sollen? Wir präsentieren hier Resultate eines Laborexperiments, das wir mit KatastrophenexpertInnen … Beitrag ansehen

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Stadt – Klang – Normalität
Auseinandersetzungen mit Klangräumen des Urbanen

In E.T.A. Hoffmanns Kunstmärchen Klein Zaches genannt Zinnober aus dem Jahr 1819 ereignet sich eine skurrile Szene, die in mehrfacher Hinsicht von Interesse sein mag: Der Fürst eines Kleinstaates nach deutschem Muster möchte seinen Minister Zinnober auszeichnen und hängt ihm … Beitrag ansehen

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Auseinandersetzungen mit Klangräumen des Urbanen

Ästhetische Annäherungen an das Escher Wyss Quartier – Skizzen aus dem Master Transdisziplinarität der ZHdK

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Trendquartier – Eine Fahrt entlang der südlichen Ränder des Quartiers

 

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Einquartieren

Motivation a. Sie möchten Ihr Quartier kennenlernen. Manchmal sehen Sie aus Ihrem Fenster geführte Gruppen, die sich der draussen verteilten Kunst widmen, oder den Geräuschen, die mehr sind als Lärm, oder der grosszügigen und mit Fassaden behängten Architektur. Vielleicht kämen … Beitrag ansehen

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