„All art is organised“ – diese scheinbar in gleicher Weise selbstverständliche wie harmlose Wendung nutzt das interdisziplinäre britische Kollektive critical practice in einem kurzen Text auf ihrer Homepage und benennt damit eines ihrer zentralsten Anliegen. Daran anschliessend folgt die Spezifizierung und Begründung: „… so we try to be sensitive to issues of governance. Governance emerges whenever there is a deliberate organisation of interactions between people, we are striving to be an ‚open‘ organisation, and to make all decisions, processes, and production, accessible and transparent.“1 Darauf zu beharren, dass Kunst organisiert ist und einzelne Elemente dieser Organisation auch gleich noch zugänglich zu machen, ist dem Kollektiv deswegen der Erwähnung wert, weil es eben gerade nicht üblich ist, diese scheinbar unwichtigen Daten offen zu legen. Womöglich hat die Ignoranz gegenüber den strukturellen Bedingungen und Modalitäten – dem was Organisation letztlich ausmacht – mit ähnlichen Mechanismen der Verklärung zu tun, wie sie der französische Soziologe Pierre Bourdieu für das Reden über Kunst generell festmacht: »Ich frage mich lediglich, warum so unzählige Kritiker, Schriftsteller, Philosophen derart bereitwillig verkünden, die Erfahrung des Kunstwerks sei unsagbar, sie entziehe sich der Definition nach rationaler Erkenntnis; warum sie wiederstandlos die Niederlage des Wissens anerkennen; woher bei ihnen dieses mächtige Bedürfnis kommt, die rationale Erkenntnis niederzumachen, dieser Furor, die Unreduzierbarkeit des Kunstwerks oder, mit dem passenderen Wort, seine Transzendenz geltend zu machen.«2 In der Tat ist das Schweigen über organisatorische Belange der Kunst gerade in der Kunstkritik, am privilegierten Ort ihrer Vermittlung also, nahezu umfassend. Ähnlich zurückhaltend verhält sich aber auch die Kunstgeschichte, die trotz der beachtlichen Ausweitung ihrer methodischen Ansätze kaum systematisch auf organisatorische Aspekte eingeht.3
Wenig erstaunlich wurden diese Debatten bis vor wenigen Jahren fast ausschliesslich im Umfeld kulturpolitischer Diskussionen geführt, dort also, wo politische Vorgaben zur Unterstützung der jeweiligen Strukturen debattiert und beschlossen werden. Dort allerdings wird es tunlichst vermieden, die jeweiligen Entschiede in Verbindung mit der konkreten Umsetzung von künstlerischen Arbeiten zu setzen, was aus politischer Perspektive zwar richtig erscheinen mag, aus einem analytischen Blickwinkel aber unzureichend ist.
In jüngster Zeit allerdings haben sich die Diskussionen zu den strukturellen Bedingungen der künstlerischen und kulturellen Produktion generell vermehrt. Genährt werden diese Beiträge aus Bereichen wie der politischen Philosophie, den Kulturwissenschaften und der Kunstvermittlung; in starkem Ausmass beteiligen sich aber auch KulturproduzentInnen selbst daran. Diese Debatten sind eine Reaktion auf die mitunter sehr grundlegenden Veränderungen der institutionellen Landschaft, wie sie insbesondere im westlichen und westlich geprägten Kunstbetrieb zu beobachten sind. Gezeichnet sind diese Entwicklungen vor allem von der Ökonomisierung, was sich nicht nur am florierenden Kunstmarkt und den entsprechenden Messen, absurd anmutenden Rekordpreisen bei Auktionen oder einer stetig wachsenden Anzahl von Galerien zeigt. Der Vormarsch der ökonomischen Logik hat sich ebenso im kulturpolitischen Diskurs eingeschlichen und festgesetzt und lässt sich dort an Phänomenen wie den sogenannten Public-Private-Partnerships oder der Popularität von Blockbuster-Ausstellungen ablesen.4 Diese Kommerzialisierung wurde von einzelnen Exponenten der erwähnten Debatten scharf kritisiert. So schildert etwa die Kunsthistorikerin Chin-tao Wu in ihrer Studie Privatising Culture. Corporate Art since the 1980s (2002) am Beispiel von Grossbritannien und Amerika den zunehmenden Einfluss privater Mäzene in Museen und zeigt wie die öffentliche Kunstförderung zunehmend nach marktwirtschaftlichen Prinzipien organisiert wurde.5 Die Analyse des Soziologen Pascal Gielens wiederum fokussiert auf die globalen Auswirkungen der Entwicklungen und konstatiert deren verflachende Effekte: so sei heute Quantität zum vorherrschenden Paradigma geworden, Qualität hingegen lasse sich mit den omnipräsenten Evaluationen kaum adäquat erfassen und werde in der Folge auch nicht mehr angestrebt.6 Zu einem ähnlichen Schluss – wenn auch aus politisch nahezu diametral entgegengesetzter Warte – kommen die Autoren der Streitschrift Der Kulturinfarkt (2012): »Von allem zu viel und überall das Gleiche« lautet die als Untertitel formulierte, provokative Hauptthese des Buches, die gleichzeitig für mehr betriebswirtschaftlichem Geist in der Kultur votiert, die Abschaffung elitärer Geschmacksdiktate fordert und aus der generellen Verknappung eine sich automatisch ergebende Vielfalt wünscht.7 Wenn auch die Interpretationen und Schlüsse der hier bloss exemplarisch erwähnten AutorInnen nicht unterschiedlicher sein könnten, so teilen sie über weite Strecken die Einschätzung der Lage: die Ökonomisierung des Kunstbetriebes (von den einen befürchtet und von den andern erhofft), die Ausweitung des kulturellen Angebotes (von den einen geschätzt, für die andern ein Überangebot) und von allen geteilt die Unzufriedenheit mit der aktuellen Situation.
Mit ihrem Fokus auf gesamtgesellschaftliche oder gar globale Entwicklungen argumentieren die AutorInnen generalisierend und bestätigen damit – wohl eher unbeabsichtigt – die dominanten Achsen entlang derer die Veränderungen der institutionellen Landschaft gemeinhin beschrieben werden. Kaum erwähnt werden die zahlreichen selbstorganisierten Initiativen der letzten Jahrzehnte, zu denen nebst den sogenannt alternativen, nicht selten von Kunstschaffenden ins Leben gerufenen kleinen Kunsträumen auch durch private Mäzene finanzierte Stiftungen gehören, die sich experimentellen institutionellen Formaten in Kunst und ihrer Organisation verschrieben haben. Dass darüber wenig geredet wird, ist nicht erstaunlich, fehlen dazu doch über weite Strecken systematisierte Fakten und ein grundlegendes Wissen um Funktions- und Wirkungsweise dieser Initiativen. Zu diesem Schluss kam jüngst auch eine kleinere Studie der englischen Organisation Common Practice, in der Institutionen aus dem »small-scale contemporary visual arts sector« aus London versammelt sind.8 Für den englischen Kontext ist diese Diagnose besonders erstaunlich, da die finanzielle Unterstützung von kleineren Kunstorganisationen seit der Gründung des Arts Councils im Jahr 1947 zu den regulären Förderoptionen gehört. Im Gefäss mit dem Titel ‚regularly funded organisations‘ wurden unterschiedlichste Kunstinitiativen mit stattlichen Beiträgen ausgestattet, die ihnen eine strukturelle Basis sicherten.9 Zwar ist das Gefäss nicht aufgelöst worden, aber durch die konservative Regierung ab 2012 umgestaltet und mit dem für den Wandel sprechenden Titel ‚National-Portfolio-Organisation‘ neu benannt worden.10 Dieser wiederspiegelt die Absicht der Regierung diese Unterstützung nicht einfach als strukturerhaltende Massnahme für einen vielfältigen Kunstbetrieb zu konzipieren, sondern sie ihrer politischen Zielen unterzuordnen. In den Worten des Arts Councils: »Our National portfolio organisations represent some of the best arts practices in the world today. They are out most significant strategic partners and we want every National portfolio organisation to collaborate with us to deliver our mission. Ambition, artistic exploration and pioneering spirit are a prerequisite (…) These organisations differ in size, artform practice, business model and governance but they all play a role in achieving our long-term goals for the arts.«11
Während also in England kleinere Kunstorganisationen, in ihren Ursprüngen nicht selten als kritische Gegenüber der dominanten Traditionshäuser angedacht, in die Logik der politischen Machthaber integriert werden sollen, zeigt sich die Situation in der Mehrheit der kontinentaleuropäischen Länder nicht weniger komplex und doch sehr anders: der wachsenden Anzahl von selbstorganisierten Kunsträumen wird seitens der Kulturpolitik äusserst zögerlich und finanziell weiterhin nur marginale Unterstützung zuteil. Die politische Grosswetterlage (insbesondere die strapazierten Budgets) kann dafür zu einem grossen Teil verantwortlich gemacht werden, doch nicht minder wichtig ist die fehlende Anerkennung der Leistungen dieser zahlreichen und unterschiedlichen Initiativen – dies ein mit England geteiltes Problem.
Kleine haben’s schwer – strukturelles Existenzrisiko in der Selbstorganisation
Dieser grundlegende und umfassende Mangel wird auch in der 2013 bei Bundesrat Berset eingereichten Petition Hundert Räume geben mehr Licht als ein Leuchtturm moniert.12 Anlass für die Petition war die Streichung der eidgenössischen Zuwendungen für selbstorganisierte Räume bzw. deren Verlagerung zu Gunsten der Pro Helvetia, die seit Herbst 2013 einen leicht reduzierten Betrag zu den von ihr formulierten Bedingungen an ausgewählte Organisationen bzw. Räume spricht.13 Zentrale These der InitiantInnen der Petition ist die Behauptung, dass die über hundert bestehenden selbstorganisierten Kunsträume die Schweizer Kulturszene massgeblich mitgestalten und so zu ihrer nationalen und internationalen Anerkennung beitragen. Ungerecht und somit auch kulturpolitisch relevant sei angesichts dessen, so die InitiantInnen weiter, dass das wachsende Engagement der BetreiberInnen dieser Räume und das dadurch wachsende öffentliche Interesse sich negativ proportional zur Anerkennung und finanziellen Unterstützung durch die öffentliche Hand verhalte. Dies sei umso problematischer, als die Arbeitsbedingungen in der Kunst- und Kulturszene in den letzten Jahren insbesondere aufgrund der ökonomischen Krise zunehmend schwieriger, zum Teil prekär geworden seien. Als besonders störend wird dabei von unterschiedlichen Seiten die seit mehreren Jahrzehnten bestehende disproportionale Verteilung der öffentlichen Gelder auf die traditionellen und grossen Kulturinstitutionen (im kulturpolitischen Diskurs häufig als Leuchttürme bezeichnet) einerseits und die kleinen Kunsträume andererseits hervorgehoben. Die jeweils erbrachten Leistungen, so heisst es, rechtfertigten eine solche Unterscheidung bei der Mittelvergabe nicht. Und während die InitiantInnen der Petition die Fördermassnahmen der Pro Helvetia insbesondere hinsichtlich der restriktiven Vorgaben kritisieren, hat die Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur in ihrer Sitzung vom 20. Mai 2014 zwar die Legitimität des Anliegens anerkannt, dennoch aber beschlossen, nicht auf die Petition einzutreten, um vor weiteren Schritten die Auswertung des neuen Fördergefässes vorliegen zu haben.14
Allerdings ist diese generell wohlwollende Haltung gegenüber einer staatlichen Unterstützung von kleinen Kunsträumen und Initiativen keineswegs unumstritten. Die von Pius Knüsel, dem ehemaligen Direktor der Pro Helvetia, mit verantwortete Publikation Der Kulturinfarkt fordert – wie eingangs bereits angetönt – dagegen im Einklang mit einem beachtlichen Teil der politischen Klasse mehr Wettbewerb, ein gründliches ‚Ausmisten‘ der institutionellen Landschaft in der Kunst, mehr Unternehmertum auf sämtlichen Ebenen der kulturellen Produktion und Initiativen von unten und nicht von der Kulturelite. Als Vorbild für eine mehrheitlich auf privater Basis finanzierte Kulturlandschaft verweisen die Autoren auf die USA und England und betonen, dass sich der Erfolg dieser Systeme an einer Vielfalt des Angebotes zeigt, wie wir sie weder in der Schweiz noch in Kontinentaleuropa kennen würden.
Sind die als Provokation gedachten Anregungen im Kulturinfarkt in ihrer Zuspitzung auf ökonomische Faktoren und die Legitimation von Kultur durch ihre Popularität dem politischen Zeitgeist zwar etwas zu sehr verpflichtet, so ist doch ihr Ansinnen nicht falsch, die gegenwärtige Lage grundsätzlich zur Diskussion zu stellen. Sie sind aber nur sehr bedingt ein Beitrag zu einer dringlich notwendigen Klärung und Ausdifferenzierung des Kunstbetriebs, der in den letzten Jahren doch sehr an Komplexität gewonnen hat und, vom neoliberalen Paradigma eingeholt, zum risikoreichen Unternehmertum wurde (oder zumindest Züge davon trägt). Die geforderten Qualifikationen selbständig tätiger KulturproduzentInnen – u.a. Flexibilität, Innovationsgeist, Risikobereitschaft und hoher persönlicher Einsatz – ähneln mittlerweile stark jenen von Kleinunternehmern.15 Ihr sozialer Ort und ihre gesellschaftlichen Aufgaben aber könnten weiterhin unterschiedlicher kaum sein, wobei gerade auch die Frage nach der Rolle der Kunst in der Gesellschaft in den letzten Jahren zunehmend kontrovers diskutiert wurde. Dabei insistiert ein grosser Teil der Kunstschaffenden auf der kritisch-reflexiven Rolle von Kunst gegenüber einer Gesellschaft, die mehr und mehr von ökonomischer Effizienz und Verwertbarkeit dominiert ist. Selbstorganisierte Räume und Kontexte bilden dabei Orte, die zwar nicht ausserhalb von gesellschaftlichen Verpflichtungen stünden, aber doch in relativer Selbstbestimmung ein kritisches Handeln ermöglichten.16
Wissen sammeln, Argumente liefern und weiter machen
Aktuell dominiert allerdings weiterhin eine kontroverse und polarisierende Diskussion – nicht nur in der Kulturpolitik sondern ebenso in der Szene selbst und mitunter sogar im wissenschaftlichen Diskurs.17 Der Markt wird als Gegenspieler zur staatlichen Förderung konzipiert, in der Konsequenz steht die marktkonforme Kunst als korrumpierte Praxis einer dank hoheitlicher Unterstützung scheinbar nicht kommerzialisierbaren und damit moralisch und qualitativ integren Produktion gegenüber. Ähnlich kontrastierend werden die Off- oder OffOff-Spaces den traditionellen Ausstellungshäusern gegenübergestellt: während letztere mit einem vergleichsweise überdimensionalen Budget konventionelle Kunst einem Massenpublikum zu präsentieren habe, würden erstere in unzähligen Stunden Fronarbeit risikoreiche Jungtalente aufbauen. Wenn auch gegen dieses angeprangerte, strukturelle Ungleichgewicht wenig eingewendet werden kann, so ist die gemeinhin unmittelbar nachgeschobenen Ableitung auf die programmatische Ausrichtung (etablierte Positionen vs. NachwuchskünstlerInnen) der jeweiligen Spielstätte aktuell nur mehr sehr bedingt haltbar. Ähnlich problematisch scheint mir die in der Folge häufig bemühte Zuspitzung inhaltlicher Ausrichtungen auf reine Unterhaltungsangebote (etwa bei Blockbuster-Ausstellungen) versus intellektualisierte Bildungsprogramme. Und auch die in der Kulturpolitik gerne bemühte Gegenüberstellung einer durch einige wenige weitum ausstrahlende Leuchttürme geprägten institutionellen Landschaft einerseits und einer unübersichtlichen Anzahl kleiner, in ihrer inhaltlichen Ausrichtung kaum unterscheidbarer Kunsträume andererseits scheint der gegebenen Situation nur wenig zu entsprechen. Gegen die in diesen Debatten dominante Tendenz, lineare und eindimensionale Entwicklungen hervorzuheben – sei dies nun Ökonomisierung, Eventisierung, Globalisierung oder auch eine Verflachung und Angleichung des Angebotes wie es von Gielen, Knüsel und vielen anderen postuliert wird – scheint es mir notwendig, Erzählungen zu entwerfen, die weniger auf das grosse Ganze, als auf „micro-histories“ zielen. So schlägt es die dänische Kulturwissenschaftlerin Maibritt Borgen in ihrem Text The Inner and Outer Form of Self-Organisation vor, in dem sie darüber nachdenkt, welche Folgen die Etablierung der einst politisch motivierte Selbstorganisation in der Kunst hat. Ihr Schluss „Challenge, not exile, is the answer to creating a new political reality“ ist ein radikales Bekenntnis zur Einmischung und eine Anerkennung der aktuellen Konstellationen als komplex und in sich widersprüchlich.18 Dazu braucht es sehr viel mehr Wissen darüber, was denn unter welchen Umständen genau geschieht, wer an diesen Aktivitäten beteiligt ist oder auch in welchen Begriffen über diese gesprochen wird. Erste Überlegungen dazu sind unternommen: sei dies in den beiden Studien von Common Practice, sei dies in Texten wie demjenigen von Maibritt Borgen, in Netzwerk-Tagungen wie Institutional Attitutdes (Brüssel 2010)19, in Untersuchungen wie derjenigen der deutschen Kunsthistorikerin Carla Orthen, die im Rahmen ihrer Dissertation zu Räumen selbstorganisierter Kunst in Deutschland u.a. die Frage der Bezeichnung dieser Räume historisch aufgearbeitet hat.20 Die Gemengelage muss weiter seziert und ausdifferenziert werden, so dass die Komplexität der aktuellen Konstellationen weder in kulturpolitischen Allgemeinplätzen, noch in der scheinbar unfassbaren Vielfältigkeit untergehen.21 Diese Erkenntnisse, da bin ich mir sicher, werden den Kunstgenuss nicht schmälern.
- http://www.criticalpracticechelsea.org/wiki/index.php?title=Main_Page (letzer Zugriff: 8.12.14) ↩
- Pierre Bourdieu, Die Regeln der Kunst. Genese und Struktur des literarischen Feldes, Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1999, S. 11 (franz. Originalausgabe: Paris 1992). ↩
- Dies trifft verschärft für den deutschsprachigen Kontext zu und lässt sich entlang zahlreicher Einführungsbände in kunsthistorische Methoden nachvollziehen. Denn Kennzeichen der jeweils darin versammelten Ansätze – sei es zu Hermeneutik, Psychoanalyse, Sozialgeschichte oder Feminismus – ist die Bestimmung des Ausgangspunktes jeglicher Analyse beim künstlerischen Werk selbst. Selbst die auf eine kontextuelle Interpretation zielenden Zugänge gehen vom Produkt aus und gelangen in den Fragen nach dessen rahmenden Bedingungen nur sehr selten bis zu den institutionellen Voraussetzungen. ↩
- Zu einer noch etwas umfassenderen Schilderung der Veränderungen im Kunstbetrieb möchte ich auf einen anderen von mir verweisen: ‚How to move in/an institution‘, in: On Curating, Issue 21, January 2014 (www.oncurating.org). ↩
- Chin-tao Wu, Privatising Culture. Corporate Art since the 1980s, London/New York: Verso, 2002. Auch Wu betont, dass die Thematisierung dieser Fragen im Umfeld der Kunstgeschichte keineswegs selbstverständlich ist und dass es entsprechend kaum Referenzliteratur aus diesem Bereich gibt. ↩
- Pascal Gielen (Hg.), Institutional Attitudes. Instituting Art in a Flat World, Amsterdam: valiz, 2013, vgl. dazu insbesondere ‚Introduction. When Flatness Rules‘, S. 2-7. ↩
- Dieter Haselbach, Armin Klein, Pius Knüsel, Stephan Opitz, Der Kulturinfarkt. Von allem zu viel und überall das Gleiche, München: Albrecht Knaus Verlag, 2012. ↩
- Bisher sind zwei Studien erschienen. Die erste mit dem Titel Size Matters. Notes towards a Better Understanding of Value, Operation and Potential of Small Visual Arts Organisations(Juli 2011, verfasst von Sarah Thelwall) unternimmt es spezifische Funktionsweisen und Eigenschaften der kleinen Kunstorganisationen nicht nur zu benennen, sondern sie im Vergleich mit grösseren Organisationen zu verdeutlichen und Argumente und Zahlen zur Verfügung zu stellen, wenn es darum geht die finanzielle Unterstützung dieser Orte zu legitimieren. Die Nachfolgestudie (Value, Measure, Sustainabilty. Ideas towards the Future of the Small-Scale Visual Arts Sector) nimmt sich diese ersten Erkenntnisse zum Ausgangspunkt und kritisiert den darin unternommenen Versuch die Qualitäten der kleineren Räume mit normierten evaluativen Methoden festzuhalten. Informationen zu Common Practice finden sich auf deren Website: http://www.commonpractice.org.uk/. Hier besteht auch die Möglichkeit die zwei bis heute verfassten Studien zur Situation der kleineren Kunsträume in London herunter zu laden. ↩
- In ihrer Analyse Size Matters kommt Sarah Thalwell zum Schluss, dass die ’small-scale visual arts organisations‘ bis zu 63% ihrer Mittel durch das Arts Council generieren, während dieser Anteil bei den grossen Häusern meist unter 50% liegt. Dies, so argumentiert die Autorin weiter, hat allem voran damit zu tun, dass es für grosse Museen deutlich einfacher ist Gelder von Privaten zu akquirieren. ↩
- Ausführliche Informationen zu den National Portfolio-Organisations finden sich auf der Website des Arts Councils England: http://www.artscouncil.org.uk/funding/apply-funding/funding-programmes/national-portfolio-funding-programme/ (letzter Zugriff: 14.12.14). ↩
- Zitat aus dem Dokument ‚Working with our National Portfolio Organisations‘ des Arts Council England, einsehbar auf der Website des Arts Councils, vgl. Link in Anmerkung 10. ↩
- Die Petition wurde von einer Vereinigung mit dem Namen Charta 2016 eingegeben und kann auf deren Blog heruntergeladen werden: http://charta2016.blogspot.ch/2013/06/petition-online.html (letzter Zugriff: 15.12.14) ↩
- Zu den Modalitäten und Bedingungen der Ausschreibung ‚Beiträge an Kunsträume‘ vgl. die Angaben auf der Website der Pro Helvetia: http://www.prohelvetia.ch/2948.0.html. ↩
- Der Bericht der Kommission ist einzusehen unter: http://www.parlament.ch/d/suche/seiten/geschaefte.aspx?gesch_id=20132055 ↩
- Diese Entwicklungen werden in zahlreichen Publikationen, die in den letzten Jahren erschienen sind, beschrieben. Die Diskussion angestossen hat die umfangreiche Studie Der neue Geist des Kapitalismus (2003, franz. Erstausgabe 1999), der französischen SoziologInnen Luc Boltanski und Eve Chiapello, die darin die Ausbreitung der kapitalistischen Logik auf zahlreiche Lebensbereiche, darunter auch der Kultur, nachzeichnen. ↩
- Auch diese Einschätzung ist weitgehend Konsens, selbst wenn die Einschätzungen zur Unabhängigkeit des Handlungsspielraums sehr unterschiedlich sind. Aktuelle Charakterisierungen und Bewertungen der Selbstorganisation durchaus widersprüchlicher Art finden sich in der Publikation Self-Organised (hrsg. von Stine Hebert & Anne Szefer Karlsen, London: Open Editions, 2013). Die Unabhängigkeit ihrerseits wird im Rahmen von ebenfalls zunehmend virulenten Debatten um Autonomie in der Kunst erneut intensiv verhandelt. Vgl. dazu etwa die Aktivitäten des ‚Autonomy Project‘: http://theautonomyproject.org/about (letzter Zugriff: 15.12.14). ↩
- Das zeigt sich etwa an zahlreichen der Beiträge auf der Website des European Institute for Progressive Cultural Politics, vgl. http://eipcp.net/ (letzter Zugriff: 15.12.14): obzwar es den Initianten des Forschungs- und Diskussionszusammenhanges um die »Schaffung kritischer Öffentlichkeiten, im ausdauernden Austausch von Differenzen« zu tun ist, teilen ein grosser Teil der Beiträge dieselbe Haltung und Ausrichtung, die sich »gegen den konservativen, hegemonialen Diskurs kultureller Identität und Repräsentation« richtet und dabei wenig Schattierungen oder gar Widerspruch zulässt. ↩
- Maibritt Borgen, ‚The Inner and Outer Form of Self-Organisation‘, in: Self-Organised 2013 (vgl. Anm. 16), S. 48. ↩
- Sämtliche Beiträge dieser Tagung sind auf Vimeo zu sehen; die ausgehend von dieser Tagung von Pascal Gielen herausgegebene Publikation Institutional Attitudes. Instituting Art in a Flat World (Amsterdam: Valiz, 2013) führt die Thematik zwar weiter, allerdings haben nur wenige TagungsteilnehmerInnen einen Beitrag beigesteuert. ↩
- Vgl. dazu der Text von Carla Orthen, ‚Innerhalb – Zum Phänomen Produzentenraum‘, einsehbar in: http://www.produzentenraum.de/wer.html (letzter Zugriff: 16.12.14). ↩
- Ab Mai 2015 werden wir an der Hochschule Luzern in einem dreijährigen SNF-Forschungsprojekt die Entwicklung der Off-Szene und der sie rahmende kultur-/politische Diskurs in der Schweiz aufarbeiten. Mehr Informationen dazu ab Mai 2015 auf unserer Website: https://www.hslu.ch/de-ch/design-kunst/forschung/kunst-design-und-oeffentlichkeit/#?filters=1242. ↩